27.07.2016 – Cardo

Cardo fand sein Zuhause am 27.07.2016   (Happyend-Story)

ein langer steiniger Weg lag vor dir!

Wenn wir die Geschichte von Cardo erzählen, dann erzählen wir auch ein wenig die Geschichte von den STREUNERHerzen. Cardos Bild zierte seit Gründung unseren facebook Auftritt und er steht stellvertretend für die nicht einfachen Vermittlungen, denen wir aber mit Herz und Verstand begegnen.

Lesen Sie die Geschichte seiner Familie:

“Cardo, mein kleiner Herzenshund, ich habe lange überlegt, was ich in deinem Happy End Text schreibe. Das vergangene Jahr mit dir war so voller besonderer, emotionaler, lehrreicher Momente und du hast dich so toll entwickelt, dass ich das gar nicht alles in Worte fassen kann.

Vor inzwischen vier Jahren sah ich das erste Foto von dir und du hast dich sofort in mein Herz geschlichen. Scheu und ängstlich warst du schon damals, aber es sollte doch möglich sein, für dich ein Zuhause zu finden, dachte ich. Doch in den nächsten zwei Jahren entwickeltest du dich zu einem absoluten Angsthund. Die Hoffnung, für dich eine passende Familie zu finden, wurde immer geringer.

Ich habe dich in der L.I.D.A. besucht. Du hast dich von niemandem anfassen lassen, nicht einmal von den Pflegern vor Ort, obwohl du sie schon dein Leben lang kanntest. Kaum näherte sich ein Mensch, bist du panisch hinter die Hütten geflüchtet. Es war dir auch egal, dass dir dabei die Hunde aus den Nachbargehegen am Zaun sogar Fellstückchen ausgerissen haben. Es war so traurig, dich dort zu beobachten und dich zurücklassen zu müssen.

Einige Monate später musstest du dann aus der Vermittlung genommen worden, weil nicht mehr ausgeschlossen werden konnte, dass du aus Angst beißen würdest, wenn man dich bedrängt.

Ich war fassungslos, es sollte keine Chance mehr für dich geben, jemals die L.I.D.A. verlassen zu können? Das sollte also alles sein, was es in deinem Leben geben würde?

Schlaflose Nächte folgten, viele Gespräche, auch der Worst Case wurde durchdacht. Und am Ende stand fest, ich konnte dich nicht einfach aufgeben, ich war mir so sicher, du kannst das schaffen. Du musstest einfach zu uns kommen.

Alle Vorbereitungen wurden getroffen und dann war es soweit, du kamst endlich nach Hause.

Als wir dann mit dir zu Hause ankamen, bist du aus der Box direkt ins Körbchen getapst und dort bliebst du erstmal wie versteinert liegen. Unsere anderen beiden STREUNERHerzen-Hunde begrüßten dich freundlich, merkten aber auch sofort, dass dir noch nicht nach einem Kennenlernen zumute war. Ich habe dir dann Leckerchen angeboten, die du tatsächlich ganz vorsichtig aus meiner Hand genommen hast. Eine ganze Portion Futter hast du dann ebenfalls direkt aus meiner Hand gefuttert, ein richtig guter Anfang für uns beide. Die Handfütterung behielten wir in den kommenden Wochen bei. So hast du schnell gelernt, dass du Kontakt zu uns aufnehmen musstest und es wurde die Basis für ein erstes, vorsichtiges Vertrauen.

Anfassen lassen wolltest du dich in den ersten Tagen noch nicht. Ernsthaft geschnappt hast du aber nie nach uns, wenn wir dein Geschirr richten mussten und dir die Leine angelegt haben. Allein durch deine Körpersprache hast du gezeigt, dass es das Höchste war, was du an Nähe zulassen konntest. Du brauchtest noch Zeit, um das dafür notwendige Vertrauen aufzubauen.

Als ich dann ein paar Tage später wieder einmal lange neben dir am Körbchen saß, wanderte eher unbewusst und automatisch meine Hand in dein Fell. Es war das erste Mal, dass ich dein seidenweiches Fell streicheln konnte und für dich war es die erste liebevolle Streicheleinheit in deinem Leben. Fünf Jahre lang hast du dich von niemandem freiwillig anfassen lassen. Wie du dich dabei langsam entspannt hast und sogar gezeigt hast, dass du mehr möchtest, hat mich so tief berührt.

Von da an fühltest du dich im Haus schon sicher und suchtest immer öfter unsere Nähe. In den Garten ging es in den ersten Wochen nur angeleint und doppelt gesichert, denn draußen warst du überfordert und die Panik, die wir aus deinem Gehege kannten, war außerhalb des Hauses genauso intensiv.

Wir beide haben einige kleine „Kämpfe“ ausgefochten, bis du mir in den folgenden Tagen etwas ruhiger an der Leine folgen konntest.

Nach einem Monat stand dann dein erster Spaziergang außerhalb des Grundstücks auf dem Programm. Durch das Gartentor zu gehen und deinen bekannten Bereich zu verlassen, war ein neuer und sehr schwieriger Schritt für dich, was auch noch für einige Wochen problematisch blieb. Aber wenn dann erstmal das Haus außer Sichtweite war, liefst du prima an meiner Seite mit. Wenn da nur nicht immer mal wieder andere Spaziergänger unterwegs gewesen wären.

Sobald du einen Menschen nur von Weitem sahst, war bei dir alles vorbei, du wolltest nur noch weg. Du hast dich in dein Geschirr geworfen, auf den Boden fallen lassen, bist an mir hochgesprungen und hast dabei versucht, dich irgendwie unter meiner Jacke zu verstecken. Du bist im Kreis um mich herumgelaufen und hast einfach alles versucht, um zu verhindern, dass wir weitergehen.

Aber Umdrehen kam natürlich nie in Frage, also haben wir uns gemeinsam da durch gekämpft. Es ist erstaunlich, welche Kräfte du dabei entwickelt hast, ich hatte ganz schön zu tun, dich zu beruhigen und dann mit dir weitergehen zu können. Viele solcher Begegnungen mussten wir hinter uns bringen und haben auch mal seltsame Blicke von Spaziergängern geerntet. Aber das war egal, denn nur konsequentes Üben und dein wachsendes Vertrauen, dass dir an meiner Seite nirgends etwas passieren konnte, würde dich mit der Zeit von deiner Angst befreien können.

Und so war es auch, nach und nach funktionierten unsere Spaziergänge besser und eines Tages nahmst du deine Rute hoch und es ging freudig wedelnd durch die Felder. Auch die Begegnungen mit Menschen verliefen dann schon deutlich ruhiger, du wolltest nicht mehr jedes Mal umdrehen und vor ihnen weglaufen, sondern einfach nur nah neben mir möglichst schnell an ihnen vorbeigehen. Ein riesen Fortschritt für uns beide.

Dein erster Kauknochen löste ebenfalls große Skepsis bei dir aus. Während deine Hundekumpel gemütlich mümmelten, standst du vor deinem Knochen und hast ihn sehr vorsichtig und völlig ratlos betrachtet. Dann hast du hektisch einen riesen Satz nach hinten gemacht und bist weggelaufen, um ihn dann aufs Neue misstrauisch zu umrunden. Es hat wieder einige Anläufe über mehrere Tage gebraucht, bis du dich getraut hast, dieses merkwürdige Ding näher zu untersuchen und dann irgendwann auch hineinzubeißen 🙂

Bei den ersten Familienbesuchen, zu denen wir dich mitnahmen, warst du sehr zurückhaltend, wolltest dich auch nicht streicheln lassen. Alle haben das respektiert und dich einfach nicht weiter beachtet, so fühltest du dich am sichersten. Wir haben dich konsequent immer wieder zu allen Gelegenheiten mitgenommen und langsam kamst du auch dort aus deinem Schneckenhaus und nun bist du voller Freude bei allen Besuchen mittendrin

Ein besonderes Ereignis war dann das STREUNERHerzen-Sommerfest Ende Juni, bei dem du natürlich mit dabei warst. Es war so rührend, wie viele Menschen dich erkannten und deine Geschichte verfolgt hatten. Sie alle freuten sich so sehr für dich, dass du es doch nach Deutschland geschafft hattest und nun sogar schon beim Sommerfest dabei sein konntest. Manchmal wolltest du zwar unbedingt eine kleine Pause im Auto einlegen, aber dann warst du auch wieder mitten im Gewusel dabei und hast dich von vielen Besuchern streicheln lassen. Wir waren wirklich stolz, wie du das gemeistert hast, mein Kleiner.

Und dieser Tag hat dich unglaublich vorangebracht. Seitdem können wir draußen an fremden Menschen ohne Probleme vorbeigehen und wenn wir zu einer Unterhaltung stehenbleiben, setzt du dich ganz selbstverständlich neben uns.

Wenn wir durch die Felder und Wiesen laufen, legst du dich auch heute noch manchmal hin und schaust lange in die Ferne, so als könntest du es gar nicht fassen, wie groß deine neue Welt ist und wie weit du schauen kannst – ohne Gitterstäbe vor deinen Augen. Mich berührt das immer wieder sehr, genauso wie dich mit strahlenden Augen über die Wiesen sausen zu sehen. Mein Herz ist jedes Mal so voller Freude, wenn ich sehe, wie glücklich Cardo heute ist.

Ich könnte noch über so viele einzigartige erste Erlebnisse und Fortschritte schreiben, die es in diesem ersten Jahr gegeben hat. Cardo hat sich von einem Hund, der panische Angst vor Menschen hatte, zu einem verschmusten, anhänglichen, neugierigen und immer fröhlichen und gut gelaunten Schatz entwickelt, der am liebsten immer und überall mit dabei sein möchte und jedem, egal ob Mensch oder Tier, freundlich begegnet.

Ein ganz großes Dankeschön an dich, Steffi, dass Cardo doch noch seine Chance bekommen durfte, er hat seinen Weg ins Leben gefunden.

Cardo ist endlich zu Hause.”

Viel bleibt uns nicht zu sagen, denn seine Geschichte wird hier vollständig und richtig erzählt. Für uns ist es wichtig, die Tiere auf Sardinien zu prüfen und zu beurteilen. Solche Hunde, wie Cardo, können wir nicht einfach vermitteln, ohne dass wir mit einer fast 100%igen Sicherheit wissen, dass die Familie das stemmen kann und wird. Ein Auffangnetz für solche derartig ängstlichen Hunde können wir nicht bieten und daher suchen wir nach der Nadel im Heuhaufen oder müssen uns entscheiden, vorerst diesen Hund aus der Vermittlung zu nehmen. Cardo lag uns immer am Herzen, unser facebook-Maskottchen. Ihn fallen zu lassen war eine schwere Entscheidung und doch die richtige, denn dadurch fand er seinen Weg nach Deutschland. Einige solcher Hunde warten in unserem Partnertierheim auf ihre Menschen, die mit Geduld und Verständnis, sie ankommen lassen und damit eine so tiefe Freundschaft aufbauen, dass es unglaublich schön ist und nichts diese Freundschaft mehr trennen kann.

Wir danken Euch von Herzen für die Entscheidung für Cardo, der heute sein Glück in 27374 Visselhövede gefunden hat. An der Seite von zwei wunderbaren Menschen und zwei wunderbaren Hunden darf er sein Hundeleben glücklich zu Ende führen.