Pinocchio fand sein Zuhause am 16.02.2014 (Happyend-Story)
Kleiner Pinocchio,
deine Geschichte könnte ein ganzes Buch füllen, obwohl du noch gar nicht so alt bist.
Als Welpe kam Pinocchio in unser großes Partnertierheim. Einer von zahlreichen Maremmano-Mischlingen, die ungewollt geboren werden. Er ist gewachsen, ist von dem Welpengehege in das Junghundgehege und dann in eines der über 100 Erwachsenengehege gekommen. Dort musste er immer wieder ums Überleben kämpfen. Er war zurückhaltend, unauffällig, aufgrund seines Wesens ideales Opfer, er hat sich immer durchkämpfen müssen, er hat versucht, sich unsichtbar zu machen. Als wir nun in seinem Gehege Fotos von drei anderen Hunden gemacht haben, die wir in der Vermittlung hatten, da habe ich ihn gesehen. Schüchtern, neugierig, freundlich – aber devot und immer ganz hinten stehend. Ich habe mich um ihn bemüht und er hat mir freundliche Blicke zugeworfen, mir einige wunderbare, fast intime Minuten, in denen wir uns vorsichtig annäherten, geschenkt. Ich konnte ihn berühren, mich in seinen Augen verlieren und ich habe in diesen Augenblicken erkannt, dass etwas in ihm steckt, so etwas wie Größe und Ruhe, ein zartes Wesen. So habe ich ihn in die Vermittlung aufgenommen, habe oft an ihn gedacht und mich gefragt, ob es wohl jemanden gibt, der diesem vorsichtigen, abwartendem Hund eine Chance geben wird.
Lange musste ich warten und nie hat sich jemand für ihn interessiert. Für einen Maremmano zu klein, für einen Familienhund zu unsicher, irgendwie suchte niemand nach ihm.
Dann der Anruf, der uns zutiefst entsetzte. Pinocchio war in ein Gehege mit zwei großen Rüden umgesetzt worden. Sie haben ihn in einer Nacht angegriffen, nicht von ihm abgelassen, ihn schwer gebissen und immer wieder zu Boden gelegt. Mit tiefen Wunden hat man ihn am nächsten Tag gefunden. Er hat diese Angriffe überlebt, aber sein sensibles Wesen war schwer erschüttert. Diese Wunden würden nicht so schnell heilen. Wir haben alles versucht, um ihn schnell nach Deutschland zu holen. Nach der Krankenstation sollte er nicht mehr in ein Gehege müssen, er sollte jetzt eine Chance bekommen.
Und tatsächlich hatten wir eine neue Pflegestelle, die wir angefragt haben, ob sie ihn aufnehmen würde, ob sie es sich zutrauen würde, diesem traumatisierten Hund ein- vorübergehendes – Zuhause zu geben. Es gab kein Zögern, er sollte es sein und er sollte endlich aus diesem Tierheim heraus- und nach Deutschland kommen. Sein Pflegefrauchen Lea war schon Tage vorher aufgeregt. Sie hat ihn von den Bildern her größer eingeschätzt. Als Pinocchio nun am 16.11.2013 am Flughafen ankam, war er so klein, unheimlich dünn und zart. Wir haben ihn ans Auto gefahren und aus der Box geholt. Er ist zögernd herausgekommen und hat die ersten zaghaften Schritte in eine neue Welt gemacht.
Lea hatte es nicht immer leicht mit ihm. Viel mussten die zwei gemeinsam erarbeiten, es hat Rückfälle gegeben, er musste erst langsam wieder Zuversicht und Zutrauen fassen. Lea hat ihn von Anfang an geliebt. Pinocchio hat sich gut mit ihrem Hund Bootsmann verstanden. Das war ein großes Glück! Bootsmann hat Pinocchio in Ruhe gelassen, war immer freundlich und ihm gegenüber nie dominant. Bootsmann hat ihm viel geholfen, Pinocchio hat sich manches abgeschaut.
Dann kam Anfang Dezember die WDR-Sendung “Tiere suchen ein Zuhause”. Es war ein großer Schritt für Pinocchio, das Zuhause zu verlassen und neue große Räume zu betreten, eine völlig neue Situation für ihn. An seiner Seite waren sein Freund Bootsmann und sein vertrautes Pflegefrauchen Lea. Während der Aufnahmen war er schüchtern und zurückgezogen. Man konnte sehen, wie verunsichert er noch war und auch, dass es noch Zeit brauchen würde, bis alle Wunden, die psychischen Wunden vor allem, verheilen würden.
Trotzdem gab es Anfragen. Wir dachten schon, wir hätten die Nadel im Heuhaufen gefunden, dann kam der Rückzieher. Wie traurig waren wir! Wir hätten uns so gewünscht, dass er ein Zuhause finden würde. Wieder mussten wir warten. Aber vielleicht war es auch Glück. Pinocchios Entwicklung ging rasanter voran, als wir zuerst annahmen.
Dann eine weitere Anfrage. Skeptisch waren wir! Zuerst kam der Fragebogen zurück: Es passte! Ein Ehepaar aus der Eifel, zwei souveräne, freundliche Hunde, ein Haus mit großem Grundstück, Hühner, Katzen und viel Liebe und Zeit! Ein Besuch folgte. Das Ehepaar kam mit seinen Hunden und ging mit ihm und Pflegefrauchen spazieren. Der Funke sprang über, auch wenn Pinocchio sich anfangs skeptisch gezeigt hat. Dann der Gegenbesuch mit Pinocchio in der Eifel. Es lief gut, es lief richtig gut. Er fand den Garten toll, hatte keine Probleme mit den Hunden, Katzen oder Hühnern. Aber seinem Pflegefrauchen konnte man die Anspannung ansehen. Konnte sie ihn ziehen lassen? War er doch ihr erster Pflegehund, schon längst hatte sie ihr Herz an ihn verloren. So viel Liebe und Fürsorge hat sie in das anfangs so schwierige Leben mit ihm gesteckt, so viele Fortschritte und Rückschläge mit ihm gemeinsam erlebt. Eine so innige Bindung aufgebaut.
Doch an diesem Tag sah sie, wie gut es ihm ging und dass es der richtige Zeitpunkt war, ihn gehen zu lassen, ihn in sein neues Leben zu entlassen.
Wir fuhren mit Pinocchio zurück und beratschlagten auf der Autofahrt. Einstimmig kamen wir recht schnell zu dem Ergebnis, dass es kein besseres Zuhause für Pinocchio geben könnte. So wurde der Übergabetermin vereinbart. Für Lea war es nicht einfach, Tränen kullerten, und vielleicht suchte noch etwas in ihr nach Gründen, ihn noch einige Tage behalten zu können.
Dann kam die erste Rückmeldung aus dem neuen Zuhause, es funktionierte und das nicht nur gut, sondern sehr gut. Pinocchio, er hatte den Sprung geschafft, das wurde aus den Berichten deutlich, und ich bin mir sicher, es war für sein Pflegefrauchen schwerer als für ihn. Sie spricht noch oft von ihm und sie wird ihn immer in ihrem Herzen tragen. Sie hat ihm Kraft und Mut gegeben, ein Leben zu führen, wie es ihm gut tut, ein Leben, das jeder Hund so leben müsste.
Die Rückmeldungen sind weiterhin positiv, einfach wunderbar. Wochen sind vergangen und Pinocchio gehört zur Familie. Die Bilder zeigen es. Pinocchio hat sogar noch mal ein wenig zugenommen, darüber sind wir richtig glücklich. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, werden wir ihn besuchen und uns freuen und mit ihm fröhlich sein. Bis dahin danken wir Ayse und Werner, dass sie sich für Pinocchio entschieden haben. Für einen Tierschutzhund, der nicht einfach funktioniert, sondern der viel Aufmerksamkeit und ein sensibles und führendes Händchen braucht. In den zwei Hunden Jerome und Tess hat Pinocchio tolle Hundekumpel gefunden und wird an ihrer Seite noch viele große und kleine Abenteuer bestreiten.
Pinocchio, heute unter dem Namen Titus, unterwegs, hat sein Zuhause am 16.02.2014 in 54636 Mülbach gefunden!
Mach’s gut hübscher Kerl, wir werden dich niemals vergessen.